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Friedrich der Grofse und die Jesuiten.

Von

dem Geistlichen Inspektor Professor D. theol. Leopold Witte.

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(Beilage zum Jahresbericht der Königlichen Landesschule Pforta 1892).

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Friedrich der Grofse und die Jesuiten.

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Es gehört zu den anziehendsten Problemen der Geschichte und der Psychologie, dafs ein Mann wie Friedrich II., dieser philosophische Unchrist", wie Herder ihn nannte, dessen spottsüchtige Feindseligkeit gegen alles, was Kirchenlehre und Glaubenssatzung heilst, weltbekannt ist, für den Jesuitenorden, diese strammste Vorhut kirchlicher Orthodoxie und päpstlicher Unfehlbarkeit, eine Art von zärtlicher Teilnahme empfunden und geübt hat, welche schon damals von seinen intimsten philosophischen Freunden nicht verstanden und zum Teil mit ziemlich derben Witzreden blofsgestellt wurde. „Mes bons pères Jésuites“, „mes pauvres Ignatiens" nannte der König sie wiederholt in seinen vertrauten Briefen. Nicht nur, dafs er nach der Eroberung Schlesiens sie im Besitze ihrer Güter, Schulen und Universität beliefs; er rief sogar aus Frankreich neue jesuitische Kräfte zur Hilfe. Er stand nicht allein seinen schlesischen Loyoliten gegen die Versuche der Breslauer Bischöfe, sich in ihre Verwaltung des Schulwesens einzumischen, mit starker Hand und kräftiger Abweisung zur Seite; er that sogar das Unerhörte: als ein wohlwollender, für den Frieden der Staaten besorgter Papst, Clemens XIV., von den katholischen Mächten selbst dazu gedrängt, den Jesuitenorden am 21. Juli 1773 durch die Bulle,,Dominus ac Redemtor noster" feierlich aufhob, unterdrückte, auslöschte und abschaffte", weil es kaum oder gar nicht möglich sei, dafs, so lange er bestehe, der wahre und dauerhafte Friede der Kirche wieder hergestellt werden könne", - bot Friedrich den in allen katholischen Ländern bitter gehafsten Jüngern Loyolas in seinen Staaten Schutz und Frieden und plante eine Neuorganisation der versprengten Ordensreste unter den schlesischen Ordensprovinzial, welche der ganzen Gesellschaft zu gute kommen könnte. „Mir ist ganz lieb," so lautete ein Kabinetsbefehl von ihm (21. November 1773), „zu ersehen, dafs die Beibehaltung derer Jesuiten in meinen Landen und der Schutz, welchen Ich selbigen widerfahren lasse, diesem ganzen Orden zu einiger Aufrichtung und Soulagement gereichet, und bin Ich ganz wohl zufrieden, dafs sothane Provinz sich mit den von Euch erwähnten kurpfälzischen Jesuiten wie auch mit denen Missionarien in Holland, England und anderen Weltteilen vereinigen und solchergestalt dieses nützliche Institut durch die Vermittelung der schlesischen Provinz auch noch in mehreren Gegenden erhalten werden möge.“ 1)

Friedrich der Grofse, trotz seiner Verachtung aller Kirchen und positiven Religionen, dennoch der bewusste und siegreiche Verteidiger des Protestantismus, der bald nach der Niederlage bei Kollin am 17. Juli 1757 an seine Schwester in Bayreuth schrieb: „voici la liberté de l'Allemagne et celle de cette cause protestante, pour laquelle on a tant versé de sang, voilà ces deux grands intérêts en jeu"; 2) Friedrich, über welchen der vom Papst Benedikt XIV. um sein Urteil

1) Preufsen und die katholische Kirche seit 1640. Von Max Lehmann. IV. S. 572 (Nr. 546). (XVIII. Band der Publikationen aus den K. Preufs. Staatsarchiven.) Leipzig 1883, Hirzel. 2) Oeuvres de Frédéric le grand (herausg. v. Preufs, Berlin 1846-1856, 30 Bde.). XXVII, a 336. Ich mufs leider nach der „Édition de luxe" citieren, welche der hiesigen Bibliothek von Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. geschenkt ist. Die Bände stimmen mit denen der buchhändlerischen Ausgabe überein; die Seitenzahl aber differiert, da die Luxusausgabe weitläufiger gedruckt ist, bis gegen 100 Seiten pro Band. Bei Briefen füge ich das Datum hinzu.

gebetene Erzbischof von Mainz schon 1742 berichtete: „Der sogenannte König von Preufsen oder vielmehr Churfürst von Brandenburg hat in diesen streitigen Religionsangelegenheiten des Reichs sehr unterrichtete Männer, so zwar, dafs er, nur durch Säkularisation von Kirchen und Pfründen mächtig geworden, mittelst seiner Helfer mit wahren Luchsaugen alles auszuspähen und auszubeuten sucht, was nur immer der höchsten geistlichen Autorität von Rom Eintrag thun kann"; 1) dieser ketzerische Fürst ein Freund und Beschützer der Jesuiten, die sich mit Recht selbst ,,die stärksten Verteidiger" des Papstes 2) nannten, wahrlich es müssen starke und zwingende Umstände vorliegen, um diese geschichtliche Anomalie zu erklären und die Einheitlichkeit des sonst so stark und klar ausgeprägten Charakterbildes des grofsen Königs nicht in peinlicher Weise zu beeinträchtigen.

Es wird die Aufgabe der folgenden Untersuchung sein, an der Hand der Thatsachen diese Umstände klarzulegen und ein Verfahren verständlich zu machen, durch welches Friedrich aus der ihm zugewiesenen und von ihm im übrigen so konsequent durchgeführten weltgeschichtlichen Rolle in so befremdlicher Weise herausgefallen zu sein scheint.

Wir werfen zunächst einen Blick auf das kirchenpolitische Erbe, welches Friedrich antrat, und lernen seine persönlichen religiösen Anschauungen näher kennen, ehe wir unsere eigentliche Frage behandeln.

I.

Die Hohenzollern haben je und je, wie später ein starkes protestantisches Selbstgefühl, so von Anfang an ein entschiedenes Herrscherbewusstsein in ihren Beziehungen zur katholischen Kirche gehabt und bewiesen. Schon die Kurfürsten Friedrich I. und II. befanden sich unter den eifrigsten Beförderern der conciliaren Bestrebungen ihres Jahrhunderts im Gegensatze zum omnipotenten Papsttum.3) Albrecht Achilles schrieb von widerspänstigen Geistlichen,,Sie hätten gern das weltliche Schwert zu dem geistlichen. Hätte Gott Ein Schwert wollen haben, hätte er es so wohl können erdenken als zwei: er war ein gar weiser Mann.“

Nach der Einführung der Reformation wurden durch die neue Kirchenordnung von 1561, gemäfs dem Augsburger Religionsfrieden, alle Katholiken aus der Mark Brandenburg verbannt. Johann Georg, Sohn Joachims II., hielt fast überängstlich über der Reinheit der lutherischen Lehre und der Ausschliefsung Andersgläubiger. In dem geraischen Hausvertrage von 1599 unter Joachim Friedrich hiefs es:,,Wir wollen, dafs Unsere Söhne, Brüder und Vettern in deren Landen und inhabenden Orten die reine Lehre augsburgischer Confession ohne papistische, calvinische oder andere Irrtümer rein erhalten." Als Albrecht von Brandenburg das deutsche Ritterland Preussen zu einem weltlichen Herzogtume machte,,,ad suae ac illorum, qui eum secuti sunt, animarum perditionem", wie Clemens VII. diesen mit Kirchenbann und Reichsacht belegten Schritt kennzeichnete, bewirkte er ausdrücklich, um das lutherische Bekenntnis zu sichern, die Mitbelehnung der märkischen Hohenzollern. Die Erbverbindung der protestantischen Piasten Schlesiens mit Brandenburg geschah aus derselben Rücksicht. Auch die Klevischen Stände, als

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1) Aug. Theiner, Priester des Oratoriums. Zustände der kath. Kirche in Schlesien von 1740-1758. Regensburg 1851, Manz II, S. 158 f. 2) Vgl. den Brief des Jesuitenpaters Hell in Wien, nach der Auflösung des Ordens (bei Lehmann a. a. O. IV, S. 577, Anm. 4), vom 17. Nov. 1773: Nichts ist gewisser, als dafs der Papst, nachdem seine stärksten Verteidiger, die Jesuiten, ausgerottet sind, gar bald in die Umstände zurückversetzt werden wird, worin er sich vor den Zeiten Constantin's des Grofsen befand.“ 3) Vgl. zu dem Folgenden Lehmann a. a. O. I, S. 8 ff; auch einen Berliner Vortrag des Verf's: Was verdankt und schuldet Preufsen der Reformation? Magdeburg, Bänsch, 1890.

sie die Verheiratung der Erbtochter ihres aussterbenden Herrscherhauses mit einem Prinzen aus dem bekenntnistreuen Hohenzollerngeschlechte betrieben, suchten dadurch Schutz gegen die drohende spanische Rekatholisierung. In dem sogenannten Stralendorffischen Gutachten 1) stehen (§ 40) die bezeichnenden Worte: „und henget alles ketzerische geschmeifs in und aufserhalb des Reichs kräftiglich an Brandenburg!"

Der Übertritt Johann Sigismunds und seines Hauses zum Calvinismus wies die Hohenzollern zunächst auf eine tolerantere Behandlung der beiden evangelischen Bekenntnisse, allerdings noch mit scharfer Spitze gegen den Katholicismus. In der Confessio Sigismundi rühmte der Kurfürst, dafs er „aus Anregung des heiligen Geistes sich nichts liebers und mehrers habe angelegen seyn lassen, denn dafs Er in Seinen Landen, und sonderlich im geliebten Vaterlande Chur- und Marck-Brandenburg, was noch etwan von Papistischer Superstition, oder anderer menschlichen ungebotenen Devotion in Kirchen und Schulen übrig verblieben, folgends gemählich abgethan.“2) Noch im Religionsedikt von 1614 nannte er Jesuiten und Papisten ,,unsre allgemeinen Feinde". Allein der Erwerb der Kleveschen Lande durch denselben Herrscher brachte weite Strecken mit katholischen Bewohnern unter Brandenburgs Kurhut; und für die grofsherzige und wahrhaft weitblickende Politik der Hohenzollern war dies nur der Anstofs, auch der katholischen Kirche gegenüber eine Toleranz zu üben, von welcher auf der Gegenseite kein weltlicher Herrscher und kein Papst auch nur eine Ahnung hatte. Max Lehmann macht in seinen vortrefflichen, leider nur im ersten Bande durchgeführten Besprechungen der von ihm veröffentlichten Akten (I. S. 30) darauf aufmerksam, dafs im Anfange des 17. Jahrhunderts an zwei Stellen innerhalb des deutschen Reiches ein Nebeneinander verschiedener Bekenntnisse stattfand: in Jülich-Kleve-Berg und in den Territorien der älteren Linie des deutschen Hauses Habsburg. Aber wie verschieden stellten sich beide Regentenhäuser zu dieser Thatsache!,,Diesen" (den Hohenzollern),,wurde die konfessionelle Mischung der Bevölkerung ein neuer Sporn zu duldsamer Kirchenpolitik, jenen" (den von den Jesuiten beeinflussten Habsburgern),,galt sie als ein möglichst schnell und gründlich zu beseitigendes Ärgernis. Die Habsburger zerschnitten den böhmischen Majestätsbrief und liefsen den schlesischen unbestätigt; die Hohenzollern retteten die klevischen Reversalien 3) durch eine Zeit der schwersten Anfechtungen" (S. 31).

Eine tolerante Behandlung der Katholiken erforderte ebenso, als das Herzogtum Preufsen |

an die märkischen Hohenzollern fiel, das dort noch bestehende Lehnsverhältnis zur Krone Polen. Ja, die hohenzollernsche Toleranz machte das der Mitwelt geradezu Unfafsliche möglich, dafs Georg Wilhelm, ein persönlich überzeugter Kalvinist, mitten in der wilden konfessionellen Aufregung des dreissigjährigen Krieges einen Katholiken zum Minister und leider auch zum unum- 1 schränkten Lenker seiner Politik erwählte. Man konnte danach alles Ernstes die Frage aufwerfen, ob Georg Wilhelm unter Umständen nicht selbst katholisch geworden wäre.4)

Sein Sohn Friedrich Wilhelm würde sich allerdings eines solchen staatsmännischen Mifsgriffes nicht schuldig gemacht haben. Er war sich der Gefahr, welche Deutschland von seiten der römischen Kirche und besonders des Jesuitismus drohte, völlig bewufst. Das Ziel seiner

1) Im Jülich-Kleveschen Erbstreit wahrscheinlich unter jesuitischer Autorität verfafst; vgl. Droysen, Das Stralendorffische Gutachten, in d. Abh. der philolog. histor.-Klasse der Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss. 3. Bd., 359-448. 1861.2) Collectio Confessionum in Ecclesiis reformatis publicaiarum. Ed. H. A. Niemeyer, Lipsiae 1840, p. 643. 3) Vom 4./14. Juni 1609, „die katholische, römische, wie auch andere christliche Religionen an einem jeden Orte in öffentlichem Gebrauch und Übung zu continuiren, zu manuteniren und zuzulassen und darüber niemand in seinem Gewissen noch Exercitio zu perturbiren, zu molestiren, noch zu betrüben." 4) Lehmann, a. a. O. S. 40, Anm. 3.

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