haben und dem wir auch in den Oden noch einiges absprechen müssen, was hinausgeht über dasjenige, was allerdings der grösseste Theil unserer Athetesen trifft, das Unsinnige und Absurde, das Läppische und Blödsinnige. Ich bin zu der Erkenntniss der Sachlage nicht von den Oden hergekommen, sondern von einigen Episteln, die ich in ihrer jetzigen Gestalt durchaus nicht verstehen konnte, die ich in früheren Jahren, da ich Episteln erklärte, jedesmal überschlug, weil ich mir nicht zu helfen wusste, bis ich denn endlich einmal mich angeregt fand in solcher Trägheit nicht zu verharren. So ging ich denn auch als ich zuerst, was im Jahre 1863 geschah, öffentlich über Horaz sprach, von den Episteln aus. Einige Oden berührte ich auch damals schon, manche andere 1864 und 1867. In den Satiren sind meiner Ueberzeugung nach nur einige wenige interpolirte Verse, in den Epoden einer. Die Aufgabe, welche ich mir allein gestellt habe, ist die Untersuchung über den Bestand des horazischen Textes. Sie ist die erste und ist, darauf muss ich hier wie in allen ähnlichen Fällen bestehen, unabhängig und muss unabhängig gehalten werden, wenn man nicht der Unbefangenheit des Blickes und der Empfindung Eintrag thun will, von einer andern Aufgabe, welche die spätere ist, die Geschichte des Textes. Gewiss eine anziehende Aufgabe und, wie schwierig auch, jedenfalls des Versuches werth. Da sich diese Untersuchung, was überall zu sehr vernachlässigt ist, hier vorzugsweise auf diejenigen Schicksale zu richten haben wird, welchen die Texte in den allerfrühesten Stadien ihres Eintritts und ihrer Verbreitung in die Oeffentlichkeit nach den damaligen Umständen ausgesetzt sein konnten, so wird wol auch hier die Ueberlieferung nicht das Beste geben, sondern der Scharfblick und die Umsicht eines alles, was in Frage kommen muss, erspähenden und verbindenden Geistes. Ueber mein Vorgehen in Betreff der Echtheit und Unechtheit habe ich nichts weiter zu sagen. Nur über mein Verhalten in denjenigen Stellen, in denen ich meine dass nur eine Entstellung, entstanden durch Verderbung eines oder mehrerer Worte, vorliege. Es sind an dem Horaz doch mehrere Männer von dem bedeutendsten Conjecturtalent beschäftigt gewesen. Sie sind vielfach gescheitert und sie haben gemeint sich wider ihr sonstiges Genie behelfen zu müssen. Und nach mehreren hat ein Mann wie Meineke, dem ja auch in diesem Punkt jedermann das Höchste zutraut, sich an einer ganzen Zahl von Stellen veranlasst gefunden, durch ein Zeichen zu erkennen zu geben, dass er die Stelle für verdorben halten müsse, eine Conjectur aber nicht zu finden wisse. Diese Vorgänge schienen mir hinreichende Berechtigung zu dem Glauben zu gewähren, dass überhaupt mit einer Herstellung aus Buchstabenverderbung noch viel öfter nicht durchzukommen sei als man bisher sich dazu entschlossen: dass der Fall viel öfter vorliege, dass die Verderbung durch verloren gegangene und schlecht ausgefüllte Worte, ja mitunter Zeilen, entstanden sei. Hienach bin ich mit Entschiedenheit verfahren. Mit Ribbeck freue ich mich darin in Uebereinstimmung mich zu finden, dass wir beide den schönen Bentleyschen Lesarten, die in den Winkel gestellt waren, ihren gebührenden Platz gegeben. Wirklich ist es zu verwundern, wie viele der gewöhnlichen Horazherausgeber mit ihm umgehen als treibe er Spielereien dieser Mann mit dem göttlichen Dämonium, dem aus seinem Haupte die bewaffneten Gedanken entsprangen, wie Minerva dem Jupiter. Die interpolirten Strophen und Verse sind eingerückt, Lücken durch Punkte angezeigt. Gedichte, die einer grössern Umgestaltung bedürftig erschienen, sind zuerst in ihrer herkömmlichen Gestalt abgedruckt, hinterher in der veränderten unter derselben Nummer, also z. B. etwa II, dann II". Wenn was nach gewöhnlicher Ansicht ein Gedicht ist uns in zwei zu trennen schien, ist dies bezeichnet durch z. B. VI, VI2. Nur bei denjenigen Lesarten des Textes, welche gar keiner Ueberlieferung entsprechen, ist die Ueberlieferung darunter angegeben und der Urheber der aufgenommenen Textesworte. Wobei B Bentley und M Meineke bedeutet. Wo kein Name steht rühren sie von mir her: so weit ich weiss. Etwaiges Nichtwissen natürlich stelle ich hiemit jedem Berechtigten sein Eigenthum zurück zu entschuldigen habe ich wol nicht. Wenigstens um eine Verpflichtung anzuerkennen, von der Horazlitteratur, der ganzen oder der meisten, Kenntniss zu nehmen, dazu gehören jedenfalls ganz andere Ansichten über die Aufgaben des Lebens als ich sie nun einmal habe. Ich habe mir ein heiteres Sprüchlein von Goethe über die Deutschen Zeitschriften schon längst auf meinen Fall übertragen: Wer hätte auf alle Horatiana Acht, ! Die Verschleifung bei Horaz.*) 1. Bei Behandlung der Horazischen Verschleifungen darf man, und es wird zweckmäszig und übersichtlich sein dies zu thun, die Oden und Briefe einerseits zusammen be handeln, abgesondert die Satiren. Ich will hier einiges über die Horazischen Verschleifungen aufschreiben, und zwar wie es für die Oden und die Briefe mit Einschlusz der ars poetica geltend ist, deren Synalöphen ich übersehe. Für die zweite Silbe der Verschleifung darf man keine für unanstösziger gebraucht ansprechen als et und est, jenes natürlich noch viel häufiger als dieses erscheinend, und man darf sich gefaszt machen beide in manchen Fällen häufig oder auch allein angewendet zu finden, wo andere Silben Bedenken hätten. Dann folgen Präpositionen, einzeln oder in Zusammensetzungen, nebst dem untrennbaren in privativum. Dann erst nominale und verbale Stämme, pronominale nebst Partikelstämmen. Diese Unterscheidung der Stämme ist bei der lateinischen Verschleifung sehr wichtig. Die funfzehn Gedichte z. B. des vierten Buches enthalten überhaupt 48 Verschleifungen, wobei wir das Vindelici et 4, 18 als vermuthlich richtig mitzählen, das voltu et einiger 9, 43 als ganz und gar unwahrscheinlich weglassen. Darunter sind nun auszer 13 mit que et noch 6 andere mit et, also 19, mit est 5, mit Präpositionen 16, mit nominalen und verbalen Stämmen (eingeschlossen 2 und zwar ausländische Propria, denen, wie die Vergleichung der Beispiele an die Hand zu *) Zuerst im Jahre 1863 in Fleckeisens Jahrbüchern. Dortige Verzählungen jetzt berichtigt mit Unterstützung von Julius Schultz, dessen Schrift de prosodia satiricorum Romanorum capita duo, de muta cum liquida et de synaloephe Regim. 1864 fur die von mir nur in zweiter Reihe herbeigezogenen Satiren zur Ergänzung dient. Lehrs, Horatius. A 1 geben scheint, das Ohr auch in diesem Falle gröszere Freiheit gab) 8, und endlich ein neque enim. Bei der Verteilung der letzten Classen in die einzelnen Oden findet hin und wieder Zufall statt. Bisweilen wieder eigentümliche Ausgleichung. Auf einiges Mitspielen des Zufalls musz man überhaupt in diesem Bereich der lateinischen Wortverschleifung gefaszt sein und starren Schematismus nicht erwarten : z. B. wenn, um bei Horatius zu bleiben, in den Briefen hin und wieder in 20-30 Versen jede Synalöphe ausbleibt, wie epist. 17, 33-54, I 16, 56-79, II 2, 35—63, II 1, 141175. 226-244. 253-270, selbst in den Satiren doch wenigstens I 4, 44-56, II 5, 61-80 mit nur einer einzigen Synalöphe tandem et in V. 68. Doch zurück zu jenem vierten Buche der Oden. Das Pindarum quisquis-hat 60 Verse mit 4 Synalöphen, was ein ungemein geringes Verhältnis ist für ein so langes Gedicht (worüber später). Wenn darunter drei Verschleifungen sind mit Nominalstamm, so ist dies wieder ein ganz ungewöhnlich hohes, ich glaube in keiner einzigen Ode sonst erscheinendes Verhältnis. Aber freilich sind sie in Art sehr gemildert: pugilemve equumve 18, moresque | aureos 22, ego apis Matinae 27 (die vierte ist nigroque | invidet 23). Wie viel weniger wiegen diese als z. B. in II 1 (Motum ex Metello -), vierzig Versen mit 7 Verschleifungen, die drei hieher gehörigen: principum amicitias 4, plenum opus aleae 6, atrocem animum 24. 2. Ehe wir weitergehn, stehe hier noch etwas über die schon erwähnte Verschleifung que et. Ganz hervorstechend ist dieselbe im vierten Buche der Oden: unter den funfzehn ✓ Gedichten dieses Buches sind mehrere, wo das que et besonders beliebt ist. Die erste Ode (40 Verse) enthält drei Synalöphen: 13 namque et nobilis, 22 lyraeque et Berecyntiae, dann noch 35 decoro | inter-. In der fünften Ode (40 Verse) zwei: 13 ominibusque et precibus. 22 maculosum edomuit. In der neunten V. 7 Ceaeque et Alcaei, und ausserdem in dem 52 Verse haltenden Gedicht ante Agamemnona 25 und das ganz zweifelhafte vultu et 43. In dem dreizehnten Gedicht (28 Verse) drei Synalöphen: 4 ludisque et bibis, 21 no |