schäßen, und seiner Anregung verdanken wir nicht nur das carmen saeculare (17 v. Chr.), sondern auch die Abfassung mehrerer Gedichte des vierten Buches und die erste Epistel des zweiten Buches, vielleicht schon früher die Ode an Licinius Murena II 10. Horaz starb am 27. November 8 v. Chr. im 57. Lebensjahre, kurz nach dem Tode seines Gönners und Freundes, wie er es II 17 vorausgesagt hatte, und fand seine Ruhestätte neben dem Grabhügel des Mäcenas auf dem Esquilin.1) Daß Horaz Dichtungen auf seine Zeitgenossen Eindruck machten, geht schon daraus hervor, daß Augustus Wert darauf legte, in ihnen genannt zu werden, und die Thaten seiner Stiefsöhne von ihm verherrlicht wissen wollte. Natürlich war die Anerkennung des Dichters nicht unbestritten. Aber seitdem er mit der Abfassung des Festliedes für die Säcularfeier im Jahre 17 betraut und dadurch gewissermaßen amtlich zum fidicen Latinus erhoben war, verstummte mehr und mehr der Neid der Gegner und steigerte sich das Selbstgefühl des Dichters.) Es fehlte auch nicht an Nachahmern seiner Lyrik, aber ihre Werke sind verschollen. Horaz steht in der Geschichte der römischen Litteratur, wenn man Catull eher als Epigrammatist bezeichnen will, als einziger Lyriker da. Freilich als Erotiker kommt er Catull nicht gleich, aber in der Vielseitigkeit der Stoffe und in der Feinheit der metrischen und sprachlichen Kunst hat er seinen Vorgänger weit überholt. Bald nach seinem Tode wurden seine Gedichte zum Schulbuch, wie er selbst vorausgesehen hatte.3) 1) Suet. v. Hor.: natus est VI idus Decembres L. Cotta et L. Torquato consulibus, decessit V Kal. Decembres C. Marcio Censorino C. Asinio Gallo consulibus, humatus et conditus est extremis Esquiliis iuxta Maecenatis tumulum, also doch wohl infolge einer testamentarischen Anordnung des Mäcenas. 2) Carm. IV 3; das Selbstbewußtsein schon III 30 im Jahre 23. 3) Ep. I 20, 17. Der Kunstrichter der Kaiserzeit M. Fabius Quintilianus erflärt: Lyricorum Horatius fere solus legi dignus: nam et insurgit aliquando et plenus est iucunditatis et gratiae et variis figuris et verbis felicissime audax. Freilich der populärste Dichter, der Homer der Römer, ist Vergilius geblieben; seinen Ruhm hat Horaz nicht erreicht, aber er hat vielleicht mehr auf die höheren Kreise der gebildeten Gesellschaft eingewirkt. In großartigen Schilderungen und Beschreibungen überragt Vergil den Horaz bedeutend, und dessen scheint er sich selbst bewußt gewesen zu sein. Auch im Mittelalter wurde Vergil viel mehr gelesen und nachgeahmt als Horaz, wenn auch vielfache Spuren seines Einflusses bemerkbar find. Nachhaltiger wirkte Horaz auf die Humanisten der Renaissancezeit; der neulateinische Lyriker Jakob Balde ging ganz in seinen Formen auf. Unter Ludwig XIV. hat Boileau seine ars poetica nachgeahmt und unter seinem Einflusse schlossen sich die Dichter der ersten schlesischen Schule, vor allen Opitz eng an ihn an und wetteiferten in Übersehungen. Gottsched und seine Schule dagegen verunglimpften den sittlichen Charakter des Horaz, an dem sie nur einen Wollüstling und Feigling, einen Schmeichler und Fürstendiener erkennen wollten. Gegen diese Richtung erhob sich Lessing und verteidigte den Dichter in seinen „Rettungen“ mit überzeugenden und unwiderlegbaren Gründen. Die Auffassung und Erklärung der Dichtungen des Horaz förderten Herder in seinen „Kritischen Wäldern“ und Wieland durch seine Übersetzung der Satiren und Episteln in fünffüßigen Jamben. Klopstocks Oden ahmten nicht nur die metrische Form, sondern auch nicht selten den Inhalt und die Sprache der horazischen Lyrik nach. Dichter wie Hagedorn, Uz und Ramler nahmen sich Horaz zum Muster und strebten nach dem Ruhme, für deutsche Horaze zu gelten. Ebenso verehrten den Horaz die Dichter des Göttinger Hainbundes, Bürger, Hölty, Voß, und die feinsten Kenner klassischer Form, Hölderlin und Platen, eiferten ihm nach. Geringeren dichterischen Wert erkannte ihm die von Schiller und besonders Goethe beeinflußte Kritik zu. Es schien dem Horaz an fruchtbarer und gestaltender Phantasie zu fehlen; seine Gedanken und Bilder schienen nicht aus dem lebendigen Quell göttlicher Begeisterung zu strömen, sondern mühsam aus griechischen Vorbildern zusammengesucht und zu einer Einheit vereinigt zu sein, und dafür glaubte man das eigene Bekenntnis des Dichters (Carm. IV 2) als Beweis anführen zu dürfen. ego apis Matinae more modoque grata carpentis thyma per laborem Tiburis ripas operosa parvus Aber damit erklärte der Dichter nur, daß er sich nicht für die größere dorische oder strophische, sondern nur für die kleinere melische oder äolische Lyrik nach dem Vorbilde des Alfäus, der Sappho, des Anakreon begabt und geeignet fühle, sich selbst aber recht wohl bewußt sei, daß gerade diese Dichtungsart, weil sie den Eindruck des Netten und Niedlichen, des Zierlichen und Feinen erstrebe, am meisten Sinn für geistreiche und harmonische Einheit des Gedankens und der Form erfordere. Und es ist kein Zweifel, daß Horaz gerade in den kleineren, der Freundschaft, der Liebe und dem Scherze gewidmeten Oden am liebenswürdigsten und glücklichsten erscheint. Daß er aber auch kräftiger Leidenschaft und eines höheren Fluges fähig war, zeigt unter anderem das stimmungsreiche Gedicht I 37 und Epod. 9; nur entzündete sich seine Leidenschaft mehr an der Liebe zum Vaterlande als an der Liebe zu Hetären, die mehr durch Gesang und Saitenspiel, durch Wiz und Anmut auf ihn wirkten. So sehr aber auch Horaz sich der Schranken und der Richtung seiner Begabung bewußt war, seine patriotische Begeisterung für den Friedenszustand und die Friedenshelden Roms mußte ihn doch mitunter fortreißen zu hymnenartigen Dichtungen, zu Liedern höheren Tones, wofür dann die äolische Form, kurz die horazische Metrik zu eng und zu dünn, zu einseitig und zu monoton war, so daß die Fülle und Tiefe der Gedanken in Widerstreit kam zu der Enge und Eintönigkeit der metrischen Form. Form. Diese Dissonanz, man kann sagen dieser Konflikt macht sich fühlbar in Dichtungen wie I 2 und 12, II 1 und besonders IV 4. Was man sonst an Horaz vermißt oder getadelt hat, beruht meist auf Verwechslung antiker und moderner Lyrik. Die Antike ist schlicht, einfach, mehr andeutend als ausführend, sie überläßt das meiste der Phantasie des Hörers oder Lesers; die Modernen zerteilen und zerfasern die Empfindungen in Bildern der Phantasie und streben nach Farbenfülle und Farbenpracht, sie wollen über Bekanntes und Gewöhnliches hinaus durch überraschende Gedanken und Bilder das Gemüt des Lesers erfassen. Erinnert die moderne Lyrik nicht selten an die Kühnheit und den Farbenreichtum eines Hans Makart, so darf man die Lyrik der Alten, auch die Chorlieder des Sophokles, mit den einfachen und doch epochemachenden Federzeichnungen von Carstens vergleichen. Der moderne Leser darf über solche Werke nicht so leicht hinwegeilen; er muß darin verweilen, sich vertiefen, die Skizze selbst ausgestalten. Unter den hexametrischen Dichtungen des Horaz sind von den Satiren I 9, dann II 1, 5. 6 und 8, von den Episteln I 2. 7. 10. 16-20, II 2 und die sogenannte ars poetica am meisten gelungen; sie sind lehrreich durch eine Fülle von Lebensweisheit, zeigen uns die volle Liebenswürdigkeit und Eigenart des Dichters und sind immer anziehend durch die Klarheit und Gedrungenheit des Ausdruckes, so daß eine große Anzahl von Versen sich gefällig in das Gedächtnis des Lesers einschmeichelt, am meisten in der ars poetica. Daß Horaz dem Familienleben fern blieb, scheint uns den Wert seiner Philosophie zu beeinträchtigen, weil uns die Familie der Grund- und Eckstein des Staates, der Lebenshaltung und der Sittlichkeit ist; die Römer selbst fühlten diesen Mangel an dem Dichter gewiß viel weniger, weil Familiensinn und Familiensorge sie nur nebenher beschäftigten, so daß einzelne Familienbilder, wie sie uns beim jüngeren Plinius begegnen, auffallend erscheinen müssen. Erst das Christentum hat die Innigkeit des Familienlebens ausgebildet. II. Übersicht der politischen Ereignisse. 44 15. März wurde der dictator perpetuus C. Julius Cäsar ermordet, im August verließ M. Junius Brutus Rom und Italien und wandte sich nach Athen, wo Horaz jezt die Studien aufgab und als Militärtribun in die republikanische Armee eintrat. 43 In der Schlacht bei Mutina fielen die Konsuln A. Hirtius und C. Vibius Pansa. Horaz verließ mit M. Brutus Athen und zog durch Makedonien und Thrakien nach Kleinasien. Zu Smyrna fand eine Beratung des Brutus und Cassius statt. Zu Bononia wurde das Triumvirat auf fünf Jahre geschlossen. 42 Im November erfolgt die Schlacht bei Philippi, der Sieger ist M. Antonius. Geburtsjahr des Tiberius, wie 43 das des Ovidius. 41 Die Amnestie gestattet dem Horaz die Rückkehr nach Italien und nach Rom. 41/40 Der perusinische Krieg veranlaßt Horaz zur Abfassung der 16. Epode. Friede zwischen Octavian und Antonius zu Brundisium. 39 Friedensverhandlungen mit S. Pompeius zu Misenum. Octavian zieht nach Gallien. Asinius Pollio triumphiert am 25. Oktober über die Parthiner in Dalmatien. |