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dienste aller Menschen Kraft überragen und uns fast dämonisch erscheinen, ist und bleibt unmöglich. Ganz anders war die Anschauung und Empfindung des Altertums: Himmel und Erde, Gott und Mensch erschienen damals nicht so getrennt und unvereinbar wie unserem Denken. Zeus oder Juppiter freilich war auch der einzige und unvergleichliche Gott, aber außer ihm bewegte sich im Olymp um ihn ein stattlicher Kreis göttlicher Aristokraten, die zum großen Teile ihre Aufnahme in den Götterkreis erst ihrer außerordentlichen Thätigkeit auf Erden verdankten, wie Liber, Herkules, Kastor und Pollux, Quirinus. Mit dem Namen Augustus war nun die Vorstellung είπες πλεῖον ἢ κατ ̓ ἄνθρωπον gegeben, uns man nabu feinen Anstoß daran, wenn er in der Provinz etwa mit der Göttin Roma Tempel sich erbauen und verehren ließ; man schrieb ihm ein numen zu und verehrte ihn wie die Laren am Hausaltar. Ging man doch so weit, dem Tiberius (25 n. Chr.) es zu verargen, daß er erklärte, er fühle sich als Sterblicher, begnüge sich mit dem Bewußtsein treuer Pflichterfüllung und lehne die göttliche Verehrung von sich ab: quod alii modestiam, multi, quia diffideret, quidam ut degeneris animi interpretabantur. Optimos quippe mortalium altissima cupere: sic Herculem et Liberum apud Graecos, Quirinum apud nos deum numero additos. Melius Augustum, qui speraverit. Nam contemptu famae contemni virtutes.1)

Wer also nicht nach göttlichen Ehren strebte, erschien gar manchem als ein Mensch niedriger Gesinnung, der dem Idealen abhold sei. Auch in der Sprache war ein homo singularis so ziemlich dasselbe wie ein divinus, und die Verstorbenen wurden in der Familie der Hinterbliebenen als dii Manes verehrt, so daß es nur konsequent war, wenn der Kaiser, als Vorstand der römischen Volksfamilie, nach seinem Tode konsekriert und vom ganzen Volke als divus angesehen

1) Tac. Ann. IV 38. Hor. C. III 3, 11. IV. 5, 32. Ep. II 1, 5-16.

wurde. So nahe lagen in der römischen Vorstellung die Grenzen der Menschheit und Gottheit!

Sprachgebrauch und Glaube, Verehrung und Senatsbeschluß (schon im Jahre 30) wirkten zusammen, wenn Augustus schon bei Lebzeiten im Volfe und in der Litteratur als Gott gepriesen wurde; das bedurfte durchaus nicht erst der Veranlassung niedriger Gesinnung und höfischer Schmeichelei. Aber die Dichter, die dem Volksglauben Ausdruck verliehen, haben zur allgemeinen Anerkennung der höheren „Majestät“ des Augustus nicht wenig beigetragen.1)

In der Förderung der Litteratur stand dem Princeps sein Vertrauter, der Diplomat C. Cilnius Mäcenas, den man ebenso wie seinen Nachfolger Sallustius Crispus den geheimen Kabinettsminister des Kaisers nennen könnte, so hilfreich zur Seite, daß allmählich sein Name typisch geworden ist zur Bezeichnung eines hochherzigen Patrons unterstüßungsbedürftiger Dichter, und daß dieser Ruhm den Glanz des Staatsmannes bald ganz überstrahlt hat.

Mäcenas war am 13. April ums Jahr 70 v. Chr. geboren und starb 8 v. Chr., kurz vor Horaz, der nur fünf Jahre jünger war. Er führte sein Geschlecht auf ein uraltes etruskisches Königshaus zurück, widerstrebte aber in Rom dem Glanz und Stolz des alten Beamtenadels, verschmähte nicht allein die Ehre des Konsulats, sondern sogar die Senatorenwürde und blieb sein Leben lang, was er war, römischer Ritter, ja er scheint sogar seinen Einfluß und sein Ansehen bei Augustus nur ungern geltend gemacht zu haben.2) In dieser Geringschätzung der üblichen äußeren Ehren, des Jagens nach Ämtern und Reichtum, begegnete sich der etruskische Königssproß mit dem Sohne des Freigelassenen, dem Dichter Horaz, den er nicht nur wie ein Patron den Klienten in

1) Vgl. Hor. Carm. III 5, 2. IV 5, 34. 15, 25.

2) Carm. III 16, 20 iure perhorrui late conspicuum tollere verticem, Maecenas, equitum decus, d. h. ich so gut wie du.

seine Gesellschaft zog, sondern wie ein Freund den Freund mehr und mehr mit seinem Herzen verband.1) Auch Horaz wollte seine Ruhe nicht dem Ehrgeize opfern, sondern sich selbst, seiner Dichtkunst und seiner sittlichen Vervollkommnung leben. Es war ein gleichgestimmtes Freundespaar, das noch inniger und herzlicher mit einander lebte als in unserer Zeit Goethe und der Herzog Karl August.

Aber in der Geringschäßung des gewöhnlichen römischen Ehrgeizes dürfen wir bei Mäcenas und bei Horaz etwas mehr als natürliche Neigung, vielleicht sogar bewußten Gegensaz zur herrschenden Sitte und offene Tendenz erkennen.

Ruhmsucht und Ehrgeiz waren ein Erbübel der Hellenen, noch mehr der Römer; das stille Bewußtsein, Gutes um des Guten willen zu thun, edel zu denken und zu handeln, weil die Natur oder das Herz in der Brust es so will, Großes mühsam zu schaffen, auch wenn niemand es bemerkt oder beachtet, im Stillen zu wirken, statt vor dem Forum der Öffentlichfeit, das war in Rom, wenigstens in der römischen Aristokratie, immer seltener geworden. 2) Das öffentliche und das Privatleben war vom Ehrgeiz vergiftet. Die höchsten Ehrenämter des Staates zu gewinnen, wäre des Strebens der Edlen wert gewesen, aber die meisten strebten nach dieser Auszeichnung nicht durch Verdienste und Vorzüge, sondern durch Ausbeutung der das Volk beherrschenden Schwäche, dem Adel die höchsten Ehren förmlich als sein angestammtes Recht einzuräumen. Durch diese Ehrfurcht der Menge vor der fascinierenden Macht hoher Geburt, die in Rom so groß wie nur je in einem monarchischen Staatswesen gewesen ist, kamen sehr viel Unwürdige in die höchsten Ämter und in den Senat. Und nicht wenige dieser faulen Glieder der Nobilität benußten

1) Carm. II 17 partem, und dieser sagt bus meis, Horati, plus strigosiorem.

nennt Horaz den Mäcenas animae suae von Horaz (Suet. Vita Hor.) ni te visceriiam diligo, tu tuum sodalem Ninnio videas

2) Hor. ep. I 16, 52; oderunt peccare boni virtutis amore!

die Ämter in Rom nur zum Übergang in die Provinzialverwaltung, wo sie dann die Goldgrube zur Deckung ihrer Schulden oder zur Befriedigung ihrer Leidenschaften zu finden hofften. Mit solchen Männern zu wetteifern fühlte Mäcenas, dünkte selbst Horaz sich zu vornehm. Auch von der Geldaristokratie jener Zeit, den industriellen und kaufmännischen Rittern, die die gewonnenen Schäße leichtsinnig verpraßten oder ruhelos nur nach Vermehrung des Reichtums jagten, fühlten beide Männer sich abgestoßen, weil ihr feinerer Sinn doch mehr den idealen Aufgaben des Lebens zugekehrt war. Beide Männer liebten überdies die Bequemlichkeit des Lebens und die stille Zurückgezogenheit, in der sie sich ungezwungen ergehen konnten, ohne immer Rücksicht auf äußere Pflichten nehmen zu müssen.

Mäcenas versuchte sich auch in poetischer und prosaischer Schriftstellerei, aber sein Stil war zu gekünstelt, er roch nach Brenneisen oder Pomade.1) Darin war er das gerade Gegenteil von Horaz, dem die Dichtkunst zwar Mühe und Arbeit kostete, die Verse aber doch so sonnenhell und klar sich gestalteten, daß man glauben möchte, ihm fließe die Rede so leicht und natürlich, wie das Quellwasser im tageshellen Wiesenbache dahinhüpft.) Je weniger Mäcenas diese Kunst besaß, umsometje mußte er den Freund bewundern und lieben, denn auf anderem Gebiete waren die Vorzüge und Leistungen des Mäcenas groß genug, daß er neidlos auf das Talent des Klienten blicken und doch auch seinen Wert würdigen konnte.

Und wie in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts hervorragende Salons in Paris und Berlin gleichgesinnte und doch verschiedenartig strebende Künstler, Dichter, Gelehrte und Staatsmänner vereinigten und zum Meinungsaustausch anregten, so

1) Tac. dialog. 26 malim hercule C. Gracchi impetum aut L. Crassi maturitatem quam calamistros Maecenatis aut tinnitus Gallionis.

2) Man beachte, wie schwierige Fragen der Theorie in der ars poetica leicht und immer gefällig behandelt werden.

Weidner. Auswahl aus Horaz. (G. Freytag in Leipzig.)

b

versammelte Mäcenas um sich einen großen Kreis bedeutender Kräfte und Talente. Zu dieser Dichterschar gehörte der Tragiker L. Varius Rufus, dessen „Thyestes“ 29 v. Chr. bei den aktischen Spielen aufgeführt und mit einer Million Sesterzen belohnt wurde, ferner Vergilius Maro, der von Asinius Pollio eingeführt worden war; Varius und Vergilius brachten den Horatius mit sich; später endlich trat Propertius hinzu, der Fürst der römischen Elegie. Und neben diesen Gestirnen haben wir uns gewiß auch eine Anzahl weniger berühmter, in ihrer Art vielleicht nicht minder begabter oder anregender Geister zu denken.1) Wie manche Ode des Horaz mag in diesem Kreise ihre erste Veranlassung gefunden haben! Wissen wir doch, daß die Anregung zur Herausgabe der Epoden von Mäcenas ausging und er es war, der Vergil zur Abfassung seines besten Gedichtes, der Georgica, veranlaßte; denn der Hausherr war ein kunstsinniger Förderer der Dichtkunst, wenn er auch selbst nur schlechte Verse förderte.

Q. Horatius Flaccus wurde am 8. Dezember 65 v. Chr. in der apulischen Militärkolonie Venusia geboren, wo sein Vater, ein Freigelassener, ein kleines Gütchen besaß.2) Der Vater brachte alle Opfer für die Erziehung und Ausbildung seines Sohnes. Und da die Elementarschule eines sonst unbekannten Flavius zu Venusia, die die Söhne der dert garnisonierenden Offiziere besuchten, ihm keineswegs genügte, so siedelte er nach Rom über und betrieb dort das einträgliche Geschäft eines Auktionskommissars (coactor).3) In Rom kam der Knabe in die strenge Zucht des Grammatikers L. Orbilius Pupillus, der nach langer militärischer Dienstzeit im 50. Lebensjahre eine Schule eröffnet und sich großes An

1) 3. B. Aristius Fuscus, s. s. I 9, 61. 10, 83, ep. I 10. C. I 22.

2) Ep. I 20, 27. C. III 21, 1. Epod. 13, 6. S. II 1, 34. I 6. Ep. I 20, 20.

3) S. I 6, 72. 4, 105.

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